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Der Vater der Remscheider Astronomie
Im Jahre 2008 wäre Hans Schäfer 100 Jahre alt geworden. Anlass genug, einen Blick zurück auf das Leben jenes Mannes zu werfen, der einen erheblichen Teil seiner Zeit und Energie darauf verwandt hat, die Astronomie in Remscheid populär zu machen. Die wechselhaften Launen der Geschichte des 20. Jahrhunderts haben auch Hans Schäfer, wie vielen anderen Menschen ebenso, zugesetzt, sein Leben in andere Richtungen gelenkt und Pläne über den Haufen geworfen.
Trotzdem oder gerade deswegen hat er die sich ihm bietende Chance genutzt, die Kenntnis über ein Wissensgebiet in seinem Lebensraum, dem Bergischen Land, zu verbreiten, an dem ihm seit seiner Jugend sehr viel lag – die Sternkunde.
Zu einem erheblichen Teil dafür hat Hans Schäfer in seinen letzten Lebensjahrzehnten gelebt. Im Physikunterricht der Oberstufe machte er auch die Astronomie zum Lehrgegenstand – und wies dabei immer wieder darauf hin, dass Remscheid mit der Volkssternwarte im Bismarckturm über ein Tor zu den Sternen verfüge, das allen Interessierten offenstehe.
Aber ohne einen engagierten Fürsprecher, wie Hans Schäfer es war, hätten viele Menschen wohl nie unvergessliche Eindrücke am Fernrohr und unterm Sternenzelt erlebt. Daher hier als Rückblick ein posthumer Dank an Hans Schäfer, den Vater der Remscheider Astronomie!.
Aus Neugierde wird eine Berufsperspektive
Hans Schäfer wurde am 24. September 1908 in Elberfeld (heute Wuppertal) geboren. Die Eltern verstanden es, in ihm das Interesse für Naturwissenschaften zu wecken. So hat ihn offensichtlich die Lektüre eines Astronomiebuches derart beschäftigt, dass er als Fünfzehnjähriger über mehrere Wochen auf den Aufgang des hellsten Sterns am Firmament, des Sirius, wartete.
Nach dem Abitur 1927 in Essen entschied sich Hans Schäfer, Astronomie in Münster zu studieren. Seinen vielfältigen naturwissenschaftlichen Interessen folgend belegte Hans Schäfer im Studium neben der Astronomie auch die Fächer Mathematik, Physik und Chemie. Diese Kombination erleichterte ihm den Umstieg auf ein Lehramtsstudium, das ihm eine bessere Grundlage für seine Existenz bieten würde.
1930 wechselte Hans Schäfer zur Uni Köln und begann 1931 eine Doktorarbeit. Der Tod seiner Mutter im selben Jahr veranlasste ihn jedoch, diese Arbeit abzubrechen.
1933 schloss Hans Schäfer das Lehramtsstudium mit dem Examen ab. Die Referendarausbildung schloss er als Bester unter 40 Referendaren ab. Trotz dieser Leistung erhielt er zunächst keine feste Stelle. Erst im Jahre 1938 bekam er eine halbe Stelle in Beckum und im Jahr darauf endlich eine Vollstelle.
Ein Weltkrieg und seine Folgen
1939 brachte für Hans Schäfer zunächst noch erfreuliche Veränderungen mit sich: Er heiratete seine Braut Josefine.
Aber im Jahre 1940 musste er aktiv als Soldat in den Krieg ziehen. In der Schlacht von Dünkirchen im Mai und Juni 1940 wurde er derart schwer am linken Oberarm durch einen Schuss verletzt, dass die Nerven erheblich geschädigt waren. Der Arm blieb fortan weitgehend gelähmt. Hans Schäfer war dadurch gezwungen, sein Hobby Geigespielen aufzugeben. Wenigstens war der Krieg insofern für ihn beendet. Noch im Lazarett sann er nach einer sinnvollen Beschäftigung. Er knüpfte wieder an die Kontakte mit Prof. Karl Försterling an, so dass sich zunächst die Chance ergab, die theoretische Doktorarbeit über die Ionosphäre wieder aufzunehmen.
Dennoch entschied sich Hans Schäfer nach seiner Entlassung aus dem Lazarett im Mai 1941 die Schullaufbahn fortzusetzen. Hans Schäfer nahm eine Stelle an einer Schule in Remscheid an. 1942 wurde er schließlich Studienrat an der Remscheider Hindenburg-Schule. In den Wirren des 2. Weltkriegs zerschlugen sich Hans Schäfers Pläne für die Doktorarbeit.
Der Neuanfang
Bei Kriegsende 1945 und erst recht in den ersten Nachkriegsjahren lag Deutschland am Boden. Doch Hans Schäfer und seine Frau Josefine resignierten nicht. In den Nachkriegsjahren bekam das Ehepaar vier Kinder.
Ende der 40er Jahre normalisierte sich das Leben in der frisch gegründeten Bundesrepublik. Als 1949 der Wissenschaftliche Verein gegründet wurde, hielt Hans Schäfer vor interessiertem Publikum dort verschiedene Vorträge zur Astronomie.
Die Astronomie war bis dahin in Remscheid ein weitgehend unbestelltes Feld. Hans Schäfers Engagement gab der Astronomie in und um Remscheid seit Beginn der 50er Jahre entscheidende Impulse. 1952 begann er seine Tätigkeit als Dozent an der Volkshochschule. Er sammelte um sich eine Schar interessierter Remscheider zur ersten astronomischen Arbeitsgemeinschaft. Rund 30 Mitglieder belebten die Kurse und Beobachtungsabende. Zusammen mit diesen Begeisterten brachte Hans Schäfer Remscheid ins Rampenlicht des Rheinlandes, als unter seiner Leitung in der Hindenburg-Schule eine überregionale Ausstellung organisiert wurde.
Die ungünstigen Beobachtungsbedingungen von Schulhöfen ließen in der Gruppe um Hans Schäfer den Wunsch wachsen, eine Sternwarte aufzubauen. Auch wenn öffentliche Beobachtungen (Sonnenfinsternis 1954, Komet Arend-Roland 1957) gut besucht waren und Vorträge Hans Schäfers in Remscheid öffentliches Interesse hervorriefen, so gestaltete sich die Gründung einer Volkssternwarte in Remscheid doch schwierig. Es gab Überlegungen, den im Krieg beschädigten Bismarckturm am Rande des Stadtparks zur Sternwarte umzufunktionieren. Der Turm hatte eine günstige Lage, bot einen von Bäumen und Gebäuden ungestörten Rundumblick und lag ohnehin brach. So trat Hans Schäfer seit Mitte der 50er Jahre als geduldiger Verfechter einer Volkssternwarte auf. Eine Spende des Rotary Clubs ließ das Ziel näher rücken.
Zwei Wünsche gehen in Erfüllung
1957 betreute Hans Schäfer anlässlich der in Remscheid stattfindenden Universitätswochen Astronomieprofessoren. Ohne sein Wissen und Zutun verschaffte seine Frau Josefine ihm durch Kontakte zu Prof. Hans Schmidt in Bonn die Möglichkeit, die langersehnte Doktorarbeit zu erstellen. Hans Schäfer entschied sich für eine Arbeit über „Stellarstatistische Untersuchungen auf Grund einer Drei-Farben-Photometrie“ .
Er führte dazu experimentelle Beobachtungen am noch jungen Observatorium „Hoher List“ bei Daun (Eifel) durch. Zuhause wertete er die Ergebnisse aus. Im Jahre 1960 schließlich schloss er seine Arbeit ab und legte die Doktorandenprüfung mit der Note „gut“ ab.
Der zweite große Wunsch, die Volkssternwarte zu errichten, bedurfte längerer Anstrengungen. Ab 1963 wurde der kriegbeschädigte Bismarckturm, der rund 20 Jahre Wind und Wetter schutzlos preisgegeben war, zur Sternwarte umgebaut. Hans Schäfer konnte im Laufe der Jahre rund 40.000 DM an Geldspenden sowie Sachspenden einsammeln. Ohne seine Anstrengungen und ohne das Verständnis der Remscheider Bevölkerung für eine Einrichtung, die auch ihr zugute kommen sollte, würde es die Sternwarte wohl heute kaum geben!
Hans Schäfer brachte viel Tatkraft für die Verwirklichung seines Zieles auf. Er konnte im Jahre 1965 durch geschickte Verhandlungen mit der Urania-Gesellschaft Wiesbaden das ins Auge gefasste Hauptinstrument, den in klassischer Holzbauweise gefertigten Refraktor von Reinfelder & Hertel, für nur 3.700 DM erwerben. Jede Volkssternwarte wäre heute noch stolz auf solch ein schönes, historisches Instrument!
Am 3. Oktober 1968 schließlich konnte die Volkssternwarte im Bismarckturm eingeweiht und eröffnet werden!
Astronomische Volksbildung in Remscheid
In den kommenden 16 Jahren bildete Hans Schäfer das zuverlässige Rückgrat der Remscheider Astronomie. In unzähligen Vorträgen, Führungen und Zeitungsartikeln warb er für die Astronomie. Hans Schäfer hielt ab 1968 nahezu jeden Freitagabend Vorträge und war immer darum bemüht, auch aktuelle Erkenntnisse zu verbreiten. Er achtete darauf, wissenschaftlich korrekt zu bleiben, und verfiel nicht der Verlockung, um der Wirkung willen plakativ zu sein. Über viele Jahre hinweg war das „Schäferstündchen“ freitags ein nicht wegzudenkender Bestandteil des Remscheider Astronomieprogramms.
Er trug sein Anliegen jedoch weiter hinaus. Er engagierte sich als Fachvertreter für Mathematik und Physik für die Einbeziehung der Astrophysik in den Unterricht, gehörte dem Deutschen Verein zur Förderung des mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterrichts an, wirkte am Curriculum für Physik an der gymnasialen Oberstufe in Nordrhein-Westfalen mit und verfasste zwei Bücher:
1978 „Astronomische Probleme und ihre physikalischen Grundlagen“
1985 „Elektromagnetische Strahlung – Informationen aus dem Weltall“
Er begleitete zahlreiche astronomische Ereignisse wie Sonnen- und Mondfinsternisse, Planeten- und Komentenerscheinungen sowie die damals sehr populären Apollo-Missionen zum Mond fachkundig. Bei seiner Arbeit unterstützten ihn einige ältere und jüngere Aktive, die überwiegend die Beobachtungstätigkeiten übernahmen. Hans Schäfer hatte noch zahlreiche Ziele, von denen zum Beispiel die Anschaffung eines H-Alpha-Interferenzfilters zur Beobachtung von Gasausbrüchen auf der Sonne Ende der 70er Jahre verwirklicht werden konnte.
Hans Schäfer leitete die Volkssternwarte Remscheid über lange Jahre in gutem Einvernehmen mit der VHS Remscheid, die Träger der Sternwarte war und deren Bildungsangebote mit in ihr Weiterbildungsprogramm aufnahm. Er war lange Jahre Dozent der VHS im Bereich Astronomie.
Hans Schäfer hatte in den rund 35 Jahren, in denen er für die Volksbildung tätig war, insbesondere zwei Ziele:
- Jeder Remscheider sollte wenigstens einmal auf der Sternwarte gewesen sein
- Jeder Remscheider Schüler sollte im Laufe seiner Schuljahre im Unterricht etwas über Astronomie erfahren haben
Er unterstützte auch die im Jahre 1980 gegründete Astronomische Arbeitsgemeinschaft Remscheid, die aus jungen Interessenten seiner „Schäferstündchen“ bestand und das Remscheider Astronomieleben in den folgenden Jahren deutlich forcieren sollte.
Ebenso gründete er den Astronomischen Verein Remscheid e.V. im Jahre 1982 mit, bis 1984 war er dessen Erster Vorsitzender.
Das Ende einer fruchtbaren Ära
In den letzten Jahren machte Hans Schäfer die Gesundheit zu schaffen. Dennoch beteiligte er sich wie selbstverständlich mit Vorträgen an den beiden Astronomie-Ausstellungen der Astronomischen Arbeitsgemeinschaft Remscheid 1982 und 1983 im damaligen Leibniz-Gymnasium.
In der Person Hans Schäfer kamen zwei Neigungen zusammen: Hans Schäfer war nicht nur ein rationaler, wissenschaftsbegeisterter Mensch, sondern er schätzte auch die klassische Musik.
Für ihn galt als Leitsatz die These des großen deutschen Philosophen Immanuel Kant:
„Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt:
Der gestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir“
Noch im Frühjahr 1984 konnte er einen Vertrag über die Nutzung des Bismarckturms und der Sternwarte mit der Stadt Remscheid abschließen. Kurz darauf – während der Endarbeiten zu seinem Buch „Elektromagnetische Strahlung“ – fiel Hans Schäfer krankheitsbedingt aus.
Nach mehr als einjährigem Leiden verstarb Hans Schäfer am 16. Juni 1985 im Alter von 77 Jahren.
Damit hatte ein erfülltes Leben, das zu erheblichen Teilen der astronomischen Volksbildung gedient hatte, sein Ende gefunden!
Hans Schäfers Tod kam – trotz seines schon fortgeschrittenen Alters – zu abrupt. Es liegt auf der Hand, dass auch mehrere engagierte junge Leute nicht das profunde Wissen und die längjährige Erfahrung Hans Schäfers ersetzen konnten. Das Astronomieprogramm der Volkssternwarte Remscheid sah nach seinem Tod notgedrungen anders aus. Das Vortragsprogramm basiert heute überwiegend auf auswärtigen Referenten. Das uns liebgewordene freitägliche „Schäferstündchen“ gibt es leider nicht mehr!
Hans Schäfer hat die Renovierung der Sternwarte in den Jahren 1986 bis 1989 nicht mehr erlebt. Sie ist durch Beschluss des Rates der Stadt Remscheid seit 1986 nach ihm „Dr.-Hans-Schäfer-Sternwarte Remscheid“ benannt. Auch die Remscheider Außensternwarte, die er noch mit befürwortet hatte, wurde erst nach seinem Tod eingeweiht.
Inzwischen haben weit über 70.000 Menschen die Dr.-Hans-Schäfer-Sternwarte Remscheid seit ihrer Eröffnung im Jahre 1968 besucht und einen Einblick in das kosmische Geschehen über uns bekommen.
Für die Aktiven im Astronomischen Verein Remscheid ist Hans Schäfers Anspruch Verpflichtung, jedem Interessierten einen Zugang zum gestirnten Himmel zu ermöglichen. Für viele von uns ist Astronomie ein wichtiger Teil unseres Lebens geworden – und davon wollen wir – ganz im Sinne Hans Schäfers – viel an andere Menschen weitergeben!
Wer sich für den Werdegang Hans Schäfers interessiert, der kann – solange der Vorrat reicht – an der Sternwarte die 16-seitige Schrift „Dr. Hans Schäfer – 100 Jahre“ erhalten (wir bitten um eine kleine Spende). Bitte sprechen Sie die Mitarbeiter der Sternwarte an!
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